§55 AO Absatz 1 Nr. 5 Satz 3 Eine zeitnahe Mittelverwendung ist gegeben, wenn die Mittel spätestens in den auf den Zufluss folgenden zwei Kalender- oder Wirtschaftsjahren für die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke verwendet werden.
Wie geschildert besteht für gemeinnützige Körperschaften die Verpflichtung ihr zugeflossene Mittel zeitnah für ihre satzungsgemäßen Zwecke zu verwenden. Zeitnah bedeutet, dass die zugeflossenen Mittel im Jahr des Zuflusses oder den beiden Folgejahren verwendet werden müssen. Diese Regelung verhindert es grundsätzlich zu sparen Die Abgabenordnung sieht in §62aber mehrere Möglichkeiten zur Bildung von Rücklagen vor. Die folgenen Vortragsnotizen geben einen kurzen Überblick (Stand 2021-02).
(1) Körperschaften können ihre Mittel ganz oder teilweise
1. einer Rücklage zuführen, soweit dies erforderlich ist, um ihre steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke nachhaltig zu erfüllen;
2. einer Rücklage für die beabsichtigte Wiederbeschaffung von Wirtschaftsgütern zuführen, die zur Verwirklichung der steuerbegünstigten, satzungsmäßigen Zwecke erforderlich sind (Rücklage für Wiederbeschaffung). Die Höhe der Zuführung bemisst sich nach der Höhe der regulären Absetzungen für Abnutzung eines zu ersetzenden Wirtschaftsguts. Die Voraussetzungen für eine höhere Zuführung sind nachzuweisen;
3. der freien Rücklage zuführen, jedoch höchstens ein Drittel des Überschusses aus der Vermögensverwaltung und darüber hinaus höchstens 10 Prozent der sonstigen nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 zeitnah zu verwendenden Mittel. Ist der Höchstbetrag für die Bildung der freien Rücklage in einem Jahr nicht ausgeschöpft, kann diese unterbliebene Zuführung in den folgenden zwei Jahren nachgeholt werden;
4. einer Rücklage zum Erwerb von Gesellschaftsrechten zur Erhaltung der prozentualen Beteiligung an Kapitalgesellschaften zuführen, wobei die Höhe dieser Rücklage die Höhe der Rücklage nach Nummer 3 mindert.
(2) Die Bildung von Rücklagen nach Absatz 1 hat innerhalb der Frist des § 55 Absatz 1 Nummer 5 Satz 3 zu erfolgen. Rücklagen nach Absatz 1 Nummer 1, 2 und 4 sind unverzüglich aufzulösen, sobald der Grund für die Rücklagenbildung entfallen ist. Die freigewordenen Mittel sind innerhalb der Frist nach § 55 Absatz 1 Nummer 5 Satz 3 zu verwenden.
(3) Die folgenden Mittelzuführungen unterliegen nicht der zeitnahen Mittelverwendung nach § 55 Absatz 1 Nummer 5:
1. Zuwendungen von Todes wegen, wenn der Erblasser keine Verwendung für den laufenden Aufwand der Körperschaft vorgeschrieben hat;
2. Zuwendungen, bei denen der Zuwendende ausdrücklich erklärt, dass diese zur Ausstattung der Körperschaft mit Vermögen oder zur Erhöhung des Vermögens bestimmt sind;
3. Zuwendungen auf Grund eines Spendenaufrufs der Körperschaft, wenn aus dem Spendenaufruf ersichtlich ist, dass Beträge zur Aufstockung des Vermögens erbeten werden;
4. Sachzuwendungen, die ihrer Natur nach zum Vermögen gehören.
(4) Eine Stiftung kann im Jahr ihrer Errichtung und in den drei folgenden Kalenderjahren Überschüsse aus der Vermögensverwaltung und die Gewinne aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben nach § 14 ganz oder teilweise ihrem Vermögen zuführen.
DIe folgende Tabelle gibt eine Übersicht über mögliche Arten der Rücklagenbildung. Dabei wird unterschieden in Rücklagen, die der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen und solche bei denen dies nicht der Fall ist.
Bezeichnung | § 62 | Erläuterung | Bildung | Auflösung | |
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Rücklagen, die der zeitnahen Mittelverwendung unterliegen | |||||
Zweckgebundene Rücklage | Absatz 1 Nr. 1 | für Projekte, Anschaffung, Reparatur | Dürfen sich nur aus Mitteln speisen, die frühestens zwei Jahre vor dem Jahr der Bildung der Rücklage dem Verein zu geflossen sind. (§62 AO Abs. 2 Satz 1) | Sind aufzulösen, wenn der Grund der Bildung nicht mehr vorliegt. | |
für Betriebsmittel. Darf bis zu 12 Monate des Betriebsmittelbedarfs betragen. | |||||
Wiederbeschaffungsrücklage | Absatz 1 Nr. 2 | Bei der Wiederbeschaffungsrücklage handelt es sich um einen Fall der zweckgebundenen Rücklage, allerdings mit vereinfachten Nachweismöglichkeiten. Voraussetzung einer Wiederbeschaffungsrück- lage ist, dass eine Neuanschaffung tatsächlich geplant ist (Nachweis Vorstandsbeschluss), die Er- satzbeschaffung wertmäßig der Erstanschaffung entspricht und die betriebsgewöhnliche Nutzungs dauer den amtlichen Abschreibungstabellen entspricht. Die jährliche Höhe der Wiederbeschaffungs- rücklage errechnet sich ebenfalls nach den amtlichen Abschreibungstabellen. |
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Rücklage für den Kauf von Gesellschaftsrechten/-anteilen | Absatz 1 Nr. 4 | ||||
Freie Rücklage | Absatz 1 Nr. 3 | - 33 1/3 % der Gewinne aus der Vermögensverwaltung - 10% der Einnahmen aus dem Ideelen Bereich - 10% des Gewinns aus den Zweckbetrieben - 10% des Gewinns aus dem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb Kann nachgeholt werden bis zu 2 Jahre nachgeholt werden. | |||
Zuwendungen aus Erbschaften | Absatz 2 Nr. 1 | ||||
Zuwendungen, die ausdrücklich zur Vermögensmehrung gedacht sind | Absatz 2 Nr. 2 | ||||
Spenden aus Spendenaufrufen zur ausdrücklichen Vermögensmehrung | Absatz 2 Nr. 3 | ||||
Sachzuwendungen, die ihrer Natur dem Vermögen gehören | Absatz 2 Nr. 4 |
Die Möglichkeiten der Rücklagenbildung beziehen sich alle auf die Abgabenordnung („das Grundgesetz des Steuerrechts“). Hierzu gibt einen Anwendungserlass des Bundesfinanzministeriums der die konkrete Ausführung des Gesetzes für die Finanzämter beschreibt. Mithin ist der Anwendungserlass maßgeblich für die mögliche konkrete Auseinandersetzung mit einem Finanzamt. Hier findet sich der Abschnitt zum §62 AO.
Beispiel:
Jahr | 2016 | 2017 | 2018 | 2019 | 2020 | 2021 |
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Geldfluss | Zufluss in den Verein | mögliche Mittelverwendung | mögliche Mittelverwendung oder spätester Zeitpunkt um in eine Rücklage gestellt zu werden | mögliche Mittelverwendung | Mittelverwendung oder Auflösung der Rücklage |
Fragen:
Aus welchem Zeitraum dürfen sich die Mittel der Rücklagenbildung speisen?
Welchen Rücklagen dürfen sich akkumulieren? → Freie Rücklagen
Wann und unter welchen Bedingungen löst man Rücklagen auf? → Wie lauten die entsprechenden Buchungssätze? Wie wirkt sich die Rücklagenauflösung auf den Gewinn aus?
Wie werden Rücklagen verwendet? Wie lautet die entsprechenden Buchungssätze?
Wie geht eine Rücklagenbildung buchhalterisch von Statten? → Wie lauten die entsprechende Buchungssätze?
Im ÖGB wird der von Datev herausgegegeben Kontenrahmen SKR-49 verwendet. Das dazugehörige Handbuch mit Buchungsbeispielen befindet sich hier. HTML Online Version mit Inhaltsverzeichnis.